Stosswallfahrt

Die Stosswallfahrt erinnert an die Schlacht am Stoss im Jahr 1405, als sich die Appenzeller von der Herrschaft der Abtei St. Gallen befreit haben. Die Stossfahrt gehört zu den ältesten Innerrhoder Traditionen und führt von der Pfarrkirche St.  Mauritius in Appenzell zur neun Kilometer entfernten Schlachtkapelle am Stoss in der Ausserrhoder Gemeinde Gais. 

Wo: Von Appenzell nach Gais. 
Wann: Am zweiten oder dritten Maisonntag.

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Die Schlacht am Stoss fand am 17. Juni 1405 statt. Dabei errangen die Appenzeller einen entscheidenden Sieg über die Truppen des Abts und seine österreichischen Bündnispartner und befreiten sich damit aus dessen Herrschaft. Alle Appenzeller kämpften damals gemeinsam: Erst 1597 wurde das Land Appenzell geteilt. Deshalb führt die Wallfahrt seither durch zwei Kantone: vom katholischen Innerrhoden ins reformierte Ausser­rhoden. 

Erstmals belegt ist die Wallfahrt im Landteilungsbrief von 1597. Darin ist festgehalten, dass die Bewohner der Kirchhöri Appenzell (damals das Gebiet des heutigen inneren Landesteils von Appenzell Innerrhoden) jährlich am 14. Mai, dem Bonifatiustag, ihre Wallfahrt zum Stoss über das reformierte Gebiet der Gemeinde Gais ausführen, auf dem Stoss eine Kapelle unterhalten und «nach katholischen Bräuchen» zieren dürfen, dies als Dank für den Sieg der Appenzeller über ihre Feinde und zum Gedenken an die Gefallenen. Die Schlacht fand zwar im Juni statt, doch wegen der Heuernte und der Alpzeit wurde die Wallfahrt auf Mai vorverschoben. Heute findet die Stosswallfahrt am zweiten oder dritten Maisonntag statt.

Ueli Rotach

Ueli Rotach ist der Wilhelm Tell ­des Appenzellerlands: Er steht stellvertretend für den Überlebens- und Freiheitskampf der Appenzeller. Während der Schlacht am Stoss soll er heldenhaft gegen zwölf Feinde gekämpft haben und in einem brennenden Haus umgekommen sein. Im Jahrzeitbuch von 1566 findet man die älteste Schilderung seines Todes – 160 Jahre nach der Schlacht am Stoss aufgeschrieben. Ob sich das Wissen über die historischen Fakten so lange erhalten hatte oder ob eine Legende entstanden war, lässt sich nicht sagen. Man weiss deshalb bis heute nicht, ob es Ueli Rotach tatsächlich gegeben hat oder nicht. 

Die Wallfahrt beginnt um halb fünf Uhr morgens mit dem Schreckläuten, das das Volk aus dem Schlaf reisst. Laut Gelöbnis soll aus jedem Haus ein achtbarer Mann oder eine achtbare Frau teilnehmen. Heute treffen sich jeweils mehrere Hundert Teilnehmende zur Wallfahrt. Auf dem neun Kilometer langen Weg von der Pfarrkirche St. Mauritius in Appenzell zur Schlachtkapelle am Stoss beten sie den Rosenkranz. Die Polizei geht zuvorderst, es folgen Fahnenträger, Mädchen und Knaben, Geistlichkeit, Standeskommission (Regierung), Kantonsrichterinnen und -richter, Bezirkshauptleute, Studentenverbindungen und die übrigen Wallfahrenden. Die Behördenmitglieder tragen die Amtstracht wie an der Landsgemeinde, die Männer dazu das Seitengewehr. Auf dem Sammelplatz – ungefähr auf halber Strecke – verliest der Ratschreiber den Fahrtbrief, der vom Schlachtgeschehen berichtet. Die Wallfahrer beten fünf Vaterunser für die Gefallenen und ziehen auf einer Schön- oder einer Schlechtwetterroute zum Stoss. Dort wird der Festtagsgottesdienst mit Eucharistie gefeiert. Die Prozessionsteilnehmerinnen und -teilnehmer kehren mit der Bahn nach Appenzell zurück. Seit 1970 stellen die Appenzeller Bahnen Extrazüge bereit.

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