Chlausezüüg

Der Chlausezüüg ist ein pyramidenförmiges Gebilde, das mit Chlausebickli und Devisli geschmückt wird. Die Pyramide wurde ursprünglich aus Filebrot und Biberfladen gebaut, heute besteht sie meistens aus Holz. Chlausebickli sind mit farbigen Darstellungen verzierte Lebkuchen. Devisli sind kleine bemalte Anisbrötchen oder Täfelchen aus getrocknetem Zuckerteig. 

Wo: In Appenzell Innerrhoden in Schaufenstern, Wirtshäusern und Privathäusern. 
Wann: Im Advent und in der Weihnachtszeit.

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Ab Allerheiligen stand früher in vielen Innerrhoder Stuben, heute noch in manchen, anstelle eines Christbaums ein Chlausezüüg. Daran hingen mit Zuckerguss bemalte Lebkuchen: Chlausebickli, die Eltern und Verwandte den Kindern in der Vorweihnachtszeit schenkten. Bis Weihnachten wurden sie hinter den Vorfenstern der Bauernhäuser aufgestellt. Ursprünglich war der ganze Züüg essbar. Er wurde aus übereinanderliegenden Filebroten und Fileringen (auch Philebrot oder Philering; ein spezielles Innerrhoder Brot aus einem milchhaltigen Weggli­teig) und Biberfladen bis zu einem Meter Höhe aufgetürmt. Dazwischen wurden Chlauseepfel (Äpfel) mit Schnüren zu Ringen zusammengebunden. Der Züüg steht in einem Holznapf voller Baumnüsse und gedörrter Birnen, zuoberst ist er mit einem kleinen Christbaum verziert.

Weil während der Weltkriege die Lebensmittel rationiert wurden, konnte man nicht mehr genügend Filebrot herstellen respektive kaufen. Also ersetzte man das Innere des Chlausezüügs durch ein fünf- oder sechseckiges, gegen oben enger werdendes Holzgestell. Seither findet man fast nur noch diese Variante. Die daran hängenden Chlausebickli und Devisli werden heute meistens nicht mehr gegessen, sondern während Jahren wiederverwendet. Nach wie vor gehören die früheren Bestandteile des Chlausezüüg – Filebrot, Eierbrot und Biberfladen sowie Vögel ond Zöpf, Rohm- und Chääsflade – auf den tradi­tionell gedeckten Weihnachtstisch: Bröötis (Brotiges) nennt man diese Backwaren. 

Schmuckvollster Bestandteil eines Chlausezüügs sind Devisli, kleine bemalte Täfelchen aus getrocknetem Zuckerteig. Die Abbildungen zeigen Sujets des traditionellen Bauernlebens von Appenzell Innerrhoden, heute sind aber der Fantasie bei der Motivwahl keine Grenzen mehr gesetzt. Das Wort Devisli leitet sich von Sinn- und Bibelsprüchen ab, sogenannten Devisen, die früher häufig auf dem Zuckergebäck zu lesen waren. Ursprünglich ähneln Devisli den schwäbischen Anisbröchten «Springerle». Sie gehen auf einen deutschen Konditor namens Grob zurück, der den Brauch um 1860 nach Appenzell gebracht hat. In Innerrhoden lag das Handwerk stets in den Händen einiger weniger Bäcker. Bekannte Konditorenmeister wie Johann und Wilhelm Fässler, Martin und Beat Dörig sowie Josef Laimbacher stellten Devisli her. Auch Kunstschaffende nahmen sich des filigranen Handwerks an, so die Bauernmaler Albert Manser und Markus Fischli. Walter Koller arbeitete um 1970 mit getrocknetem Mehlteig, den er mit Hilfe von Holzmodeln formte. Nach seinem Tod führte seine Frau Lydia das Handwerk weiter. Heute gibt es nur noch wenige Devisli-Malerinnen, die den Brauch als Hobby pflegen. 

Bröötis

Mit Bröötis (Brotiges) wird alles bezeichnet, was in Innerrhoden an Weihnachten aus der Bäckerei unbedingt auf den Tisch gehört: Filering, Filebrot (oder: Philering, Philebrot), ­Tafle-Vögel und Tafle-Zöpf. All diese Backwaren bestehen aus dem gleichen milchhaltigen Weggliteig. Auch Biber­flade, Chääs- und Rohmflade sowie Berewegge zählen zu den Weihnachtsleckereien. Bröötis sind Innerrhoder Spezialitäten. 

Der Filering ist ein vierteilig in die Höhe geflochtener Zopf in Ringform. Filebrot ist ein rundes Brot mit einem ungeflochtenen Aussenring, einem vierteiligen, flach geflochtenen Zopf in der Mitte und sechs Teigstücken in S-Form in den Zwischenräumen. Woher das Filebrot seinen Namen hat, ist ungewiss, und deshalb findet man auch zwei Schreibweisen. Entweder stammt die Bezeichnung vom griechischen Wort «philos» (der Freund) und das Brot gilt folglich als Freundschaftsbrot. Oder es kommt vom Feilbäcker, der früher bekannt dafür war, sehr feines, weisses Brot zu backen.

Tafle-Vögel sind aus einem Teigstrang geflochtene Vögel mit einem langen Rumpf und kleinem Kopf mit Augen aus Wachholderbeeren. Je vier Vögel werden zusammen gebacken und bilden eine quadratische Tafel Vögel. Tafle-Zöpf bestehen aus vier dreisträngigen kleinen Zöpfen. Das Quartett ergibt eine ebenfalls quadratische Tafel Zöpf.

Biberfladen ist ein rundes, in der Regel ungefülltes Lebkuchengebäck. Es kann aber auch eine Haselnussfüllung enthalten. 

Chääs- und Rohmflade sind die Dialektbezeichnungen für Käse- und Rahmfladen (oder: Wähe). 

Berewegge ist eine Appenzeller Spezialität aus geriebenem Kuchenteig und einer reichhaltigen Füllung aus getrockneten Birnen, Äpfeln und Nüssen. In anderen Regionen sagt man Birnenbrot oder Birnbrot dazu. 

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